Wir sind definitiv positiv überrascht

Softball: Gleich sechs Spielerinnen der Herrenberg Wanderers sind für die Nationalmannschaften nominiert. Im nächsten Jahr stehen für U15 und U22 Europameisterschaften in Tschechien und den Niederlanden an.

Der blaue Eimer ist voll mit Sekt- und Weinkorken. Es ist Dienstagabend, Längenholzhalle. Trainerin Maria Wunder erklärt dem Softballteam die erste Aufwärmübung. Dann schüttet sie den Eimer in einer Ecke der Halle aus. Der Softball wird flach über die Korkenlandschaft gerollt, hoppelt mal in diese, mal in jene Richtung. „Damit simulieren wir die Unebenheiten des Sportplatzes“, lächelt Wunder, die mit den Mannheim Tornados dreimal deutsche Meisterin wurde. In Mannheim hat die 30-Jährige auch ins Trainerfach hineingeschnuppert und bringt ihr Fachwissen nunmehr in ihrem Heimatverein in Herrenberg ein (wir berichteten). Innerhalb kurzer Zeit haben Maite Frey, Sportliche Leiterin der Herrenberg Wanderers, und Wunder eine engagierte Frauenmannschaft aufgebaut. Einige Spielerinnen wie Sarah Kutschera und Fiona Schneider, beide 18 Jahre alt, treten nicht nur für Herrenberg in der Verbandsliga an, sondern sammeln auch beim Erstligisten Tübingen Hawks per Zweitspielrecht Spielpraxis auf hohem Niveau.

Apropos hohes Niveau. Vor kurzem wurden neben Kutschera und Schneider noch Sophie Schubert (20), Lena Eickelmann (15), Theresa Pfisterer (15) und Danea Burgold (14) für die anstehenden Kaderlehrgänge der deutschen Nationalmannschaften von der U15 bis zur U22 nominiert. Da staunte selbst die ehrgeizige Trainerin: „Dass die eine oder andere zu den Kadermaßnahmen eingeladen wird, damit haben wir schon gerechnet. Wir sind aber definitiv positiv überrascht, dass es nun mit sechs so viele Spielerinnen sind.“ Durch ihre Bundesliga-Zeit während ihres Studiums in Mannheim weiß allerdings die stellvertretende Leiterin der Musikschule, dass es nicht einfach wird für die Auswahlspielerinnen aus dem Süden: „Die Nordvereine sind im Softball sehr stark und da muss man sich erst einmal durchsetzen.“

Bundestrainer Udo Dehmel, der als Coach des Seriensiegers bei den deutschen Meisterschaften, den Wesseling Vermins, fungiert, hat die Herrenberger Spielerinnen zum einen in Bundesliga-Spielen der Hawks, über die Landesauswahlmaßnahmen und bei dem einen oder anderen Sichtungsturnier gesehen. Freilich, alle Spielerinnen wurden nicht nur bei den Wanderers ausgebildet. So hat die 20-jährige Pitcherin Sophie Schubert das Softballspielen beim Bundesligisten Hamburg Knights gelernt. Sie hat mit 1,83 Meter Gardemaß und ist laut Wunder „auch eine sehr gute Schlagfrau“. Sie hat sich ihren Studienplatz für International Business bewusst in Reutlingen ausgesucht, um bei den Tübingen Hawks weiterhin ihrem Hobby nachgehen zu können: „Da hat einfach das Gesamtpaket gestimmt.“ Um mehr Spielpraxis sammeln zu können, spielt sie in Herrenberg. Wunder ist sich sicher: „Sophie ist eine angehende Powerfrau.“

Sarah Kutschera stammt aus Calw und hat bis zur D-Jugend Handball bei der SG Hirsau/Calw/Bad Liebenzell gespielt, ehe sie über die Jugendkooperation mit den Nagold Mohawks zu den Herrenbergerinnen stieß. Als Catcherin an der dritten Base, so Wunder, bringe sie viel Ruhe ins Spiel und kann sich gut auf die Aufgaben fokussieren. Sie hätte, so meint die Trainerin, mehr Spielanteile beim Bundesliga-Team der Tübingen Hawks verdient. In dieser Hinsicht kann sich die 18-jährige Fiona Schneider als Catcherin und Short-Stop nicht beklagen. Das Wanderers-Eigengewächs, so Wunder, strahle enorme Sicherheit aus und gelte auch in Tübingen schon als erfahrene Spielerin. Schneider, die in ihrer Jugend über Taekwondo, Reiten und Turnen schon vieles ausprobierte, ehe sie über das Sommerferienprogramm an einem Baseball-Camp teilnahm und sofort Feuer fing, baut derzeit am Böblinger Albert-Einstein-Gymnasium ihr Abitur, ein Leistungsfach ist Sport. Für sie, meint Wunder, gelte es nun, den nächsten Schritt zu machen und sich bei den Kadermaßnahmen weiterhin so ehrgeizig zu zeigen. Vielleicht gelingt allen drei in der U-22-Nationalmannschaft der Sprung in den EM-Kader. Die Europameisterschaft findet im Juli nächsten Jahres in Kunovice (Tschechien) statt.

Ebenfalls aus Herrenberg stammt Lena Eickelmann, die Wunder als Allrounderin schätzt. Die 15-Jährige ist Linkshänderin und spielte in der Vergangenheit Tennis. So hat sie laut Wunder die Möglichkeit, am Schlag als flexible Spielerin ausgebildet zu werden. Von den Ellwangen Elks konnte Maite Frey die Catcherin Theresa Pfisterer in die Gäustadt lotsen. Die Wanderers-Trainerin Maria Wunder möchte die 15-Jährige noch zur Schlagfrau ausbilden: „Für mich ist sie auch eine Allrounderin.“ In der U-18-Nationalmannschaft steht für Eickelmann und Pfisterer erst 2023 eventuell eine EM auf dem Programm.

Die 14-jährige Danea Burgold ist über die U-16-Auswahl von Baden-Württemberg in den Fokus der Nationalmannschaft gerückt. Die ehemalige Fußballerin des SV Affstätt und Tennisspielerin des TC Herrenberg hat vor rund vier Jahren bei den Wanderers geschnuppert und war sofort vom Sport begeistert: „Vor allem gibt es da so coole Events wie deutsche Meisterschaften.“ Die „Second Base“-Frau wird derzeit zur Catcherin ausgebildet, so Maria Wunder. „Sie strahlt viel Ruhe aus und hat ein sehr gutes Spielverständnis“, lobt sie. Durch ihre gute Auffassungsgabe, so die Wanderers-Trainerin, könnte es Danea Burgold auch gelingen, in den Europameisterschaftskader der U15 zu rutschen. Hier stehen die Titelkämpfe ebenfalls im Juli nächsten Jahres in Enschede (Niederlande) auf dem Programm.